Warum Bücher immer politsch sind
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Seriously? Warum Bücher immer politisch sind!

Rund um die US-Wahlen 2024 war das Thema “Bücher sind politisch – ja oder nein?” auf Bookstagram und Booktok heiß diskutiert. Und auch bei den nahenden Bundestagswahlen in Deutschland kocht die Debatte wieder hoch. Einige Buchbloggende reposten Artikel, die die AfD unterstüzten, und werden dafür zurecht gecancelt. Zu diesem Thema und Booktok & Bookstagram als “Safe Spaces” kann ich das Video JKHuegel empfehlen, das ihr hier findet.

In diesem Post möchte ich näher darauf eingehen, warum Bücher und lesen immer politisch sind.

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Bücher lehren uns

Warum lesen wir Bücher? Vielleicht, um der Welt zu entfliehen oder ein neues Setting auszuprobieren, an das wir selbst einmal reisen möchten? Vielleicht auch, weil uns ein Thema oder ein Charakter interessiert?

Was haben diese Dinge gemeinsam? Genau, sie haben mit dem Inhalt des Buches zu tun, mit dem Wissen, das zwischen den Zeilen, zwischen den Seiten steckt. Da mag die Aufklärung über eine Krankheit oder einen Missstand in der Gesellschaft sein oder viel subtiler, dass sich Charaktere wie alle Menschen in Laufe der Geschichte bzw. im Laufe der Zeit verändern. Dass sich Menschen bessern oder, wenn wir nicht aufpassen, zum Bösen wenden können. Wir lernen, wie sich langsam toxische Beziehungen entwickeln, wie Menschen davon aber auch wieder wegkommen und heilen können.

Wir lesen verschiedene Standpunkte, wir vergleichen sie mit unseren eigenen Weltanschauungen und nehmen daraus etwas mit – sei es jetzt, dass wir die Sache ablehnen oder uns noch mehr damit beschäftigen. Das mag nicht immer der Fall sein – aber wir bilden uns Meinungen. Meinungen über das Buch – wie hat es uns gefallen? -, Meinungen über die Charaktere, ihre Hobbys, ihre Konflikte, ihre Beziehungen, ihre kleinen Besonderheiten. Und Meinungen sind politisch. Sie sind davon inspiriert, was wir für richtig halten. Meinungen kann man diskutieren, Meinungen kann man ändern, Meinungen sind unterschiedlich und divers. Genau das macht den politischen Diskurs aus.

Diversität in Büchern

Wenn wir schon von Diversität sprechen, dann auch von Diversität in Büchern. Immer wieder gibt es Kritik daran, dass zu viele weiße, privilegierte und heterosexuelle Menschen in Büchern abgebildet werden (diese Liste ist NICHT komplett, sondern nur ein Ausschnitt).

Deshalb ist bereits eine queere Person im Buch, eine Person mit Behinderung oder anderer Ethnie politisch. Denn ohne Politik und Geschichte wäre es gar keine Frage, dass diese Menschen in Bücher gehören wie alle anderen. Nur weil wir diskutieren, nur weil wir als Gesellschaft beschlossen haben, gewisse Menschengruppen auszuschließen aufgrund von willkürlich gewählten Merkmalen, nur deshalb ist es so wichtig, dass wir mehr Diversität in Büchern haben.

Bücher müssen nicht allen Menschen gefallen, Büchern werden nie allen Menschen gefallen. Und warum? Gerade weil sie politisch sind, weil sie so viele verschiedene Menschen und ihre Weltbilder zeigen. Aber Bücher dürfen und müssen trotzdem versuchen, alle Gruppen miteinzuschließen, selbst wenn das aktuell leider nur der Fall bei wenigen ausgewählten Büchern ist.

Bücher transportieren Geschichte

Ganz egal, ob ihr nun einen historischen Roman, ein Sachbuch über die NS-Zeit oder ein New Adult Roman lest – jedes Buch enthält Geschichte. Die Geschichte, die uns zu diesem Punkt in der Welt gebracht, die vielen, aber nicht allen Frauen das Recht gibt, zu wählen, die Menschen mit Behinderung immer inklusiver in die Gesellschaft einbindet. Aber auch die Geschichte, in der Bücher von verschiedensten politischen Akteuren verboten und verbrannt wurden, sodass die Geschichte selbst nicht mehr weitergegeben werden konnte und kann, sodass sie verfälscht wurde und uns bis heute wichtige Stücke fehlen, um das Puzzle zu vervollständigen.

Dass Geschichte politisch ist, muss ich wohl niemandem erklären. Geschichte besteht aus Politik, Politik hat die Geschichte geprägt, weil das Wort „Polis“ bedeutet, dass etwas das gesamte Bürgertum betrifft. Und wenn wir eins nicht machen dürfen, dann ist das, die Geschichte zu vergessen, die Augen vor ihrem Schrecken zu verschließen und nicht daraus zu lernen.

Auch Fantasy ist politisch

Ja, Fantasy spielt in einer anderen Welt, die nicht unsere ist. Aber trotzdem ist Fantasy politisch, gerade WEIL es in einer anderen Welt spielt, gerade WEIL die Politik dort anders ist. Wir sehen in Fantasyromanen oft Monarchien oder Regierungen, die bestimmte Menschengruppen unterdrücken. Klingt da was? Genau, das ist nichts anderes als das, was in unserer Welt passiert. Auch wir haben Monarchien, Demokratien, Autokratien und in Fantasyromanen können die Vor- und Nachteile dieser Staatsformen genauer betrachtet werden, weil man mehr Spielraum als in unserer Welt hat. Wir können die Auswirkungen von Unterdrückung zwar auch in dieser Welt sehen, schauen aber viel zu oft weg. In einem Roman bekommen wir sie auf dem Präsentierteller serviert und können genau beobachten, was Spaltung, Unterdrückung und Autokratien mit uns Menschen macht.

Die Auswahl der Bücher ist politisch

Welche AutorInnen unterstützen wir? Die, die sich offen für queere Rechte einsetzen und gendergerechte Sprache in ihren Büchern einbauen oder doch die, die in ihren Büchern religiösen Fantatismus verpacken? Von welchen Verlagen kaufen wir Bücher? Von Verlagen, die sich dagegen wehren, queere und diverse Bücher zu verlegen und einen Hang zur AfD haben oder doch eher die, die ein breites Spektrum von AutorInnen und Büchern jeder Form und Art haben? Welche Themen in Büchern wollen wir lesen? Bücher mit diversen Charakteren, die queer, PoC sind und Behinderungen haben oder doch lieber mit Charakteren, die sich offen ableistisch aussprechen und frauenfeindliche Handlungen begehen?

Diese Auswahl ist bereits politisch, denn sie spiegelt unser Weltbild wider. Wie stehen wir zu diesen Themen?

Menschliche Handlungen und Probleme werden in der Politik besprochen und basieren auf diesen Weltbildern. Deshalb sind sie auch in Büchern verankert. Ja, nicht alle Handlungen sind politisch, aber selbst dass ein weiblicher Charakter einen Job hat, ist das politisch, denn nicht alle Frauen haben dieses Recht.

Meine liebsten politischen Bücher

Alle Bücher sind politisch, das hat der obere Text hoffentlich gezeigt. Aber es gibt Bücher, die politischer sind als andere und die noch mehr Themen ansprechen als andere. Diese möchte ich hier kurz teilen, vielleicht inspirieren sie ja jemanden dazu, sie zu lesen und eine andere Sicht auf die Dinge zu bekommen – diese Liste ist nicht komplett, auch ich muss noch daran arbeiten, diversere Bücher zu lesen:

Die Tribute von Panem – Suzanne Collins

Bei Dystopien ist es wohl kein Wunder, dass sie politisch sind. “Die Tribute von Panem” ist auch nicht ohne Grund eine der besten Buchreihen ever – und das für alt und jung. Mit jedem Lesen springen mehr Facetten der Welt ins Auge, die wir auch aus unserer kennen – Klimawandel, ungerechte Verteilung von Ressourcen, Ausbeutung, exzessives Entertainment, Unterdrückung, Verstümmelung, totalitäre Regime und noch so viel mehr. Dass diese Probleme in einer zukünftigen, dystopischen Welt liegen, ändert nichts daran, dass man sie schon jetzt angehen muss.

Ähnliche Bücher wie “Die Tribute von Panem” findest du hier!

Liebe ist – Alicia Zett

Alicia Zett ist meine Queen für queere und diverse Romane. In ihrer “Liebe ist”-Reihe schreibt sie über queere Paare und Charaktere aus schwierigen Hintergründen mit mentalen Krankheiten. Sie thematisiert Transidentitäten, Therapie, Bisexualität und viele weitere Themen offen und ohne eine Hand vor den Mund zu nehmen. Gerade in ihrem Genre Young Adult ist das so, so wichtig, denn wenn man von klein auf lernt, dass es vielfältige Lebensrealitäten gibt, akzeptiert und lebt man das später auch aus!

Honesty – Franzi Kopka

Noch eine Dystopie, die mir durch die selbstverständliche queere Repräsentation von Nebencharakteren und besonders der Verwendung des Pronomens “they” für einen non-binären Charakter sehr positiv aufgefallen ist. Franzi entwickelt hier eine Gesellschaft, die keine Lügen zulässt, aber auf einer Lüge basiert und die Menschen mittels Medikamenten und Propaganda still hält. Große Leseempfehlung!

Mehr Dystopien findest du auch in diesem Post!

Farbenrauschen – Kyra Groh

Mit “Farbenrauschen” beweist Kyra Groh, dass auch New Adult Romane politisch sind, sein dürfen und sein müssen. Die Protagonistin Franka ist Veganerin, gendert und stellt sich offen gegen frauenfeindliche und mysogene Kommentare. Es werden Themen wie Alopezie (chronischer Haarausfall) bei Frauen und den Druck der Gesellschaft, normschön zu sein oder der exzessive Drogen- und Alkoholkonsum thematisiert. All das sind kleine politische Meinungen und Ansichten, die über das Buch verteilt sind.


Ich hoffe, dieser Post konnte dir einen guten Überblick darüber geben, warum Bücher und lesen immer politisch sind. Die genannten Punkte stellen keine vollständige Auflistung aller Gründe dar, sondern nur eine Auswahl, die ich besonders betonen wollte.

Am 23. Februar 2025 sind Bundestagswahlen in Deutschland. Wenn du wahlberechtigt bist, geh bitte wählen! Und überlege dir genau, wo du dein Kreuz machen möchtest – bei der AfD, die gegen Freiheit, gegen Menschenwürde, gegen Diversität steht, bei der CDU, die mehr und mehr populistische Parolen der AfD übernimmt und die einen Kanzlerkandidaten hat, der gegen Einwanderung, gegen Frauenrechte, gegen Abtreibungen ist, oder doch bei den freiheitlich demokratischen Parteien, die die letzte Regierung nicht zerstört haben.

Viel Spaß beim Schmökern und Wählen

Pearl Diver of Books

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